Extrusion 7-2019

„Die Nachfrage nach Biomaterialien nimmt deutlich zu“ Im Zuge der von der EU forcierten Kreislaufwirtschaft soll sich die Men- ge an zu verarbeitenden Rezyklaten deutlich erhöhen. Braucht es da technologische Anpassungen Ihrer Maschinen? Arne Festerling : Auf unseren Maschi- nen werden schon seit Jahrzehnten Re- zyklate verarbeitet. Wir brauchen für die Kreislaufwirtschaft und die zu erwarten- den größeren Rezyklatmengen also kei- ne Veränderungen an unseren Maschi- nen. Die können das heute schon. Welche Rolle spielt die Qualität des Rezyklats bei der Verarbeitung? Festerling : Sie beeinflusst natürlich das Ergebnis. Wenn wir schlechtes Material in den Extruder schicken, können wir das dort nicht wunderheilen. Aber wir kön- nen das Material sehr gut aufbereiten. Wenn man an die Folienherstellung denkt, können wir sehr gut Rezyklate et- wa aus Randstreifen oder Material von der Vorproduktion mit einarbeiten. Stellen Sie bei Ihren Kunden ein zu- nehmendes Interesse am Einsatz von Rezyklaten fest? Festerling : Ja. Vor dem Hintergrund des schlechten Images, das Kunststoff inzwi- schen hat, beschäftigen sich unsere Kun- den vermehrt mit der Möglichkeit, Rezy- klate einzusetzen. Da ist eine Tendenz spürbar. Aber mehr noch sehen wir eine stärkere Nachfrage nach der Verarbei- tung von Biomaterialien. Man will mit unseren Maschinen immer häufiger Bio- polymere herstellen. Die sind thermisch sehr empfindlich. Da haben wir mit un- serem Planetwalzenextruder den Vorteil, dass wir sehr gut temperieren können. Bei uns liegt der Anteil der biobasierten Kunststoffe, die wir verarbeiten sollen, 59 Extrusion 7/2019 Kreislaufwirtschaft – Interview mittlerweile nahe 50 Prozent. Diese Ent- wicklung hat vor etwa fünf Jahren ange- fangen und in den letzten beiden Jahren an Dynamik zugenommen. Betrifft diese Nachfrage biobasierte oder biologisch abbaubare Kunst- stoffe? Festerling : Wir können beides verarbei- ten. Zum Beispiel Holzpolymerwerkstof- fe, also WPC, die unter anderem als Ter- rassendielen oder Fassadenverkleidun- gen eingesetzt werden. Die bestehen aus Holzmehl und Polyethylen. Auf unseren Maschinen wird WPC verarbeitet, das bis zu 80 Prozent Holzmehl enthält und nur 20 Prozent Polyethylen. Das Holzmehl ist Abfall aus Sägewerken. Man kann also aus einem Abfallprodukt ein neuwerti- ges Endprodukt herstellen und schont damit den Einsatz von Hartholz. Holzpo- lymerwerkstoffe sind auch gut fürs Kli- ma, denn je mehr man davon einsetzt, desto mehr schont man die Bäume. Und die können dann helfen, die CO 2 -Bilanz zu verbessern. Lässt sich dieser Werkstoff recyceln? Festerling : Für WPC besteht quasi schon eine funktionierende Kreislauf- wirtschaft. Beim Abriss eines Gebäudes zum Beispiel nimmt der Fassadenherstel- ler die WPC-Platten wieder zurück. Sie werden geschreddert und anschließend in neue Produkte eingearbeitet, die dann wieder verkauft werden. Oder auch Ter- rassendielen. Die liegen vielleicht 20 Jah- re draußen und dann macht man wieder neue daraus. China hat vor kurzen aus dem Nichts in 46 Großstädten Sammelsysteme eingeführt. Kann das Land ein Vor- bild sein? Festerling : Man kann immer wieder se- hen, wie schnell in China Entwicklungen vorangetrieben werden. Hier in Europa dauert es oft schon sehr lange. Ich den- ke, an einem Markt mit 1,4 Milliarden Menschen kommt man nicht vorbei, wenn man globale Herausforderungen lösen möchte. Deshalb gehen wir auch deutlich stärker in den chinesischen Markt. Mit Verfahren, die wir früher dort nicht hatten. Aber die Chinesen holen gerade in der Maschinentechnik schnell auf, oder? Festerling : Wir können dort Maschinen verkaufen, wo es technologisch an- spruchsvoll ist. Denn da haben wir schon noch die Nase vorn. Wir stecken viel Geld in Forschung und Entwicklung, da- mit das auch weiterhin so bleibt. Es gibt natürlich Wettbewerber in China, aber keine, die so ein System wie unseren Pla- netwalzenextruder haben. Wir machen in China inzwischen noch mehr Verfah- rensentwicklung, und wir gehen neben dem klassischen PVC-Markt, der früher unser Schwerpunkt in China war, immer stärker in andere Märkte, etwa in die Re- cycling- oder auch in die Lebensmittel- branche. Interview mit Arne Festerling, Vertriebsleiter der ENTEX Rust & Mischke GmbH

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