Extrusion 5-2021

Eine nachhaltige Gesellschaft mit klimaneutralen Prozessen benötigt erhebliche Anpassungen in den Wertschöpfungsketten, die nur durch Innovationen möglich werden. Sieben Einrichtungen der Fraun- hofer-Gesellschaft bündeln im Leitprojekt “Waste4 Future” ihre Kompetenzen, um neue Lösungen für dieses Ziel zu entwickeln, von der Rohstoffbasis über die Stoffströme und Verfahrenstechnik bis zum Ende des Lebenszyklus eines Produkts. Insbe- sondere wollen sie die Energie- und Ressourceneffi- zienz beim Einsatz von Kunststoffen erhöhen und somit den Weg ebnen für eine Chemieindustrie, die weniger fossile Rohstoffe benötigt und weniger Emissionen verursacht. O hne Kunststoffe wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polystyrol (PS), die derzeit fast durchweg aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden, wären viele Alltagsprodukte und moderne Technologien undenkbar. Der im Kunststoff ent- haltene Kohlenstoff ist dabei eine wichtige Ressource für die chemische Industrie. Wenn es gelingt, solche kohlenstoffhalti- gen Bestandteile in Abfällen besser zu erkennen, besser zu ver- werten und daraus wieder hochwertige Ausgangsmaterialien für die Industrie herzustellen, kann der Kohlenstoff im Kreislauf gehalten werden. Das reduziert nicht nur den Bedarf an fossi- len Ressourcen, sondern auch die Umweltverschmutzung mit CO 2 -Emissionen und Plastikmüll. Zugleich verbessert sich die Versorgungssicherheit der Industrie, weil eine zusätzliche Koh- lenstoffquelle erschlossen wird. Im Leitprojekt “Waste4Future” sollen deshalb neue Möglichkei- ten für das Recycling von Kunststoffen geschaffen werden, um den darin enthaltenen Kohlenstoff als “grüne” Ressource für die Chemieindustrie bereitzustellen. “Wir bahnen somit den Weg für eine Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft, in der aus Kunst- stoffabfällen wertvolle neue Basismoleküle gewonnen und Emissionen weitgehend vermieden werden: Der Abfall von heute wird zur Ressource von morgen”, sagt Dr.-Ing. Sylvia Schattauer, stellvertretende Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, das die Federführung für das Projekt hat. “Mit dem Know-how der be- teiligten Institute wollen wir zeigen, wie das umfassende Recy- 34 Recycling, Kreislaufwirtschaft – Aus der Forschung Extrusion 5/2021 Vom Abfall zum Rohstoff – Leitprojekt “Waste4Future” ebnet neue Wege für Kunststoff-Recycling Kohlenstoff im Kreislauf führen, somit Plastikmüll und Emissionen vermeiden: Das ist das Ziel im Projekt “Waste4Future” (© Fraunhofer IMWS) cling von kunststoffhaltigen Abfällen ohne Verlust von Kohlen- stoff durch ineinandergreifende, vernetzte Prozesse möglich und schlussendlich auch wirtschaftlich ist.” Ergebnis des bis En- de 2023 laufenden Projekts sollen innovative Recyclingtechno- logien für komplexe Abfälle sein, mit denen sich hochwertige Rezyklate gewinnen lassen. Konkret geplant ist die Entwicklung eines ganzheitlichen, en- tropiebasierten Bewertungsmodells, das die bis dato prozessge- führte Recyclingkette zu einer stoffgeführten Kette reorgani- siert (Entropie = Maß für die Unordnung eines Systems). Eine neuartig geführte Sortierung erkennt, welche Materialien und insbesondere welche Kunststofffraktionen im Abfall ent- halten sind. Aufbauend auf dieser Analyse wird der Gesamt- strom getrennt und für die entstehenden Teilströme dann ziel- gerichtet entschieden, welcher Weg des Recyclings für diese spezifische Abfallmenge der technisch, ökologisch und ökono- misch sinnvollste ist. Was mittels werkstofflichen Recyclings nicht weitergenutzt werden kann, steht für chemisches Recy- cling zur Verfügung, stets mit dem Ziel des maximal möglichen Erhalts von Kohlenstoffverbindungen. Die thermische Verwer- tung kunststoffhaltiger Abfälle am Ende der Kette ist damit eli- miniert. Die Herausforderungen für Forschung und Entwicklung sind beträchtlich. Dazu gehören die komplexe Bewertung sowohl von Inputmaterialien als auch von Rezyklaten nach ökologi- schen, ökonomischen und technischen Kriterien. Das werk-

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