Extrusion 5-2020

ben von Becher bzw. Kavität, der Konstruktionsrichtlinie nach [IS16] sowie der Maschinen- und Anlagentechnik. Diese Prozess- parameter werden während der Untersuchungen konstant gehal- ten. In [HB18] und [HB19] werden bereits verschiedene Wand- dickenverteilungen bei Einsatz unterschiedlicher Stempelgeo- metrien dargestellt. Die Analyse des Einflusses von Wandschrä- ge und Kantenradius bei gleichen Folientemperaturen ergibt, dass die resultierende Wanddickenverteilung unterschiedlich stark variiert. Während sich die Wanddickenverteilung der Formteile bei Änderung der Stempelwandschräge signifikant verändert, ist der Wanddickenverlauf bei Änderung des Stem- pelradius nur leicht beeinflusst. Der Verlauf selbst bleibt ähn- lich, ist jedoch lokal unterschiedlich stark ausgeprägt. Aus die- sem Grund wird der Kantenradius bei der Analyse des Einflus- ses der Folientemperatur auf die Wanddickenverteilung nicht weiter betrachtet und der Fokus auf die Kombination von Wandschräge und Folientemperatur gelegt. Dazu werden die folgenden Stempel- und Prozessparameter variiert ( Tabelle 2 ) und die resultierenden Wanddickenverteilungen nach der Um- formung mit Stempelverstreckung analysiert. Einfluss von Stempelgeometrien und verschiedenen Folientemperaturen auf die Wanddickenverteilung In Bild 3 ist die Wanddickenverteilung in Abhängigkeit verschie- dener Folientemperaturen bei der Verwendung eines Stempels mit 4° Wandschräge und 6 mm Kantenradius dargestellt. Die Formteile weisen einen vergleichbaren Wanddickenverlauf auf, unterscheiden sich jedoch stark in der lokalen Ausprägung. Ins- besondere im Bodenbereich des Bechers (MP 1 bis 6) ist eine deutliche Dickenzunahme von 0,28 mm auf 0,49 mm erkenn- bar. Bei den MP 6 und 7 befindet sich die für Becherformteile charakteristische Dünnstelle, die aufgrund der lokal großen Ver- streckwege im Kantenbereich entsteht. Auffällig neben der Dünnstelle an MP 6 und 7 ist die weitere Wanddickenzunahme bis MP 10. Diese Zunahme ist eine Materialanhäufung, die auch als Schreckmarke bezeichnet wird [Sch15b]. An MP 9 und 10 im Bereich der Schreckmarke wird die Folie während der Verfor- mung an den Stempel gedrückt und kühlt dort durch kurzen Kontakt ab. Daher ist der Verstreckwiderstand der Folie an die- ser Stelle erhöht. Der Bereich von MP 11 bis 14 hingegen stellt den Folienbereich dar, der keinen Stempelkontakt aufweist und daher frei verstreckbar ist. Durch das Anhaften des Materials am Stempel sowie die kurzzeitig anliegenden Bereiche der Schreck- marken sind diese Folienbereiche durch Haftung bzw. Tempera- turverlust weniger verstreckbar. Aufgrund von Materialkonstanz müssen somit die übrigen Bereiche stärker verstreckt werden, was zu einer starken Ausdünnung der Folienbereiche von MP 10 bis 14 führt. Dies aus der Verstreckung resultierende Wanddi- ckenverteilung unterscheidet sich daher signifikant von einer Verstreckung nur mit Formluft ( Bild 2 ). Die auftretenden Schreckmarken lassen sich durch eine Ände- rung der Folientemperatur nicht vermeiden, da die Materialan- häufung an MP 9 und 10 bei verschiedenen Folientemperatu- ren bestehen bleiben. Eine Erhöhung der Folientemperatur führt jedoch dazu, dass die Schreckmarken reduziert werden. Grund dafür ist, dass die Differenz zwischen Folien- und Stem- peltemperatur bei höheren Folientemperaturen größer ist. Bei Folienkontakt mit dem Stempel liegt ein Temperaturgradient vor, sodass Wärme aus der Folie abgeführt wird. Eine höhere Folientemperatur führt dazu, dass dem Material prozentual we- niger Wärme entzogen wird und daher während des weiteren Ausformprozesses leichter verstreckbar bleibt. Die Dicke der Fo- lie im Bereich der Schreckmarke kann somit um etwa 0,15 mm reduziert werden. Durch die unterschiedlichen Verstreckwider- stände der Folie bei unterschiedlichen Temperaturen von 110, 120 und 130 °C ergeben sich zusätzlich zu den unterschiedli- chen prozentualen Wärmeabfuhren verschiedene Verstreckbe- dingungen, die in einer Verschiebung der Position der Schreck- marke von MP 10 auf 9 resultieren. Im Vergleich zum Einsatz eines Stempels mit 4° Wandschräge ist in Bild 4 der Einfluss der Folientemperatur auf die Wand- dickenverteilung bei Verwendung eines Stempels mit 12° Wandschräge dargestellt. Erkennbar ist, dass die Bildung von Schreckmarken insbesondere von der Stempelgeometrie und nicht von der Folientemperatur abhängt, da bei den konischer zulaufenden Stempeln keine Schreckmarken auftreten. Durch den größeren Anstellwinkel der Stempel steht mehr Raum in der Kavität zur Verfügung, in dem sich die Folie frei bewegen kann. Dadurch findet die Verstreckung ohne Anlegen der Folie am Stempel im Schreckmarkenbereich statt. Somit kühlt die Fo- lie nicht am Stempel aus und die Schreckmarken werden ver- mieden. Allerdings resultiert die Änderung der Stempelgeome- trie in gänzlich anderen Wanddickenverteilungen aufgrund der 36 Thermoformen – Aus der Forschung Extrusion 5/2020 Bild 3: Resultierende Wanddickenverteilungen bei Verwen- dung eines Stempels mit 4° Wandschräge und 6 mm Kanten- radius bei variierenden Folientemperaturen (Material: PS) Tabelle 2: Eingesetzte Stempelgeometrien und variierte Folientemperaturen Parameter Einheit Stempelwandschräge [°] 4; 12 Stempelkantenradius [mm] 6 (konstant) Folientemperatur [°C] 110; 120; 130

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