Extrusion 5-2020

Analyse der Einflüsse von der Stempelgeometrie und der Folientemperatur auf die resultierende Wanddickenverteilung thermogeformter Becherformteile Ein Großteil von Verpackungsprodukten wird durch die Weiterverarbeitung von Folien im Thermo- formen hergestellt. Weitere Thermoformanwen- dungen finden sich in der Automobilindustrie und bei „weißen Waren“ wie beispielsweise Kühl- schrankinnenschalen [HM17, IS16, Mar18, TB99]. In Anbetracht steigender Produktionsmengen von Kunststoffverpackungen wird neben wirtschaft- lichen zunehmend auch die ökologische Nach- haltigkeit bei der Entwicklung von Verpackungs- produkten berücksichtig. Grund dafür sind umwelt- und gesellschaftspolitische Entwicklungen, die auch in Teilen von Verbrauchern vorangetrieben werden [Leo17, Mar18, NN19, Röh19]. In diesem Zusam- menhang stellt die materialeffiziente Produktion ein wesentliches Ziel der technologischen Prozess- optimierung dar. Die Reduzierung des Formteil- gewichts resultiert jedoch in einem Zielkonflikt, da die Formteile weiterhin gleichbleibenden Funktio- nalitäten aufweisen müssen. Hierzu zählen zum Beispiel die Topload-Stabilität oder die Barriere- eigenschaften [App05, Ede14]. Die Steigerung der Materialeffizienz durch Homogenisierung der Wanddickenverteilung der Formteile mittels Stem- pelverstreckung wird in diesem Beitrag genauer betrachtet. Dazu werden zunächst die Grundlagen sowie Möglichkeiten zur Anpassung der Wand- dickenverteilung erläutert. Der Fokus der anschlie- ßenden Prozessparameteranalyse liegt auf der Folientemperatur beim Einsatz verschiedener Vorstreckstempelgeometrien. Materialeffizienz durch Anpassung der Wanddickenverteilung Im Thermoformen sind Maschinen-, Anlagen- sowie Werkzeug- komponenten bereits so weit entwickelt, dass der Materialein- satz einen Kostenanteil von 70 bis 90 Prozent an den Gesamt- kosten des Produkts aufweist [Mos13]. Eine materialeffiziente Produktion ist daher der entscheidende Hebel, um die Wirt- schaftlichkeit zu erhöhen. Eine verbesserte Materialeffizienz durch Anpassung der globalen Formteilwanddicke kann über verschiedene Prozessvarianten erreicht werden. Neben der Möglichkeit der Temperaturprofilierung erfolgt die Anpassung der Wanddickenverteilung beispielsweise über die Stempelver- streckung im Negativ-Thermoformen, mit deren Hilfe die cha- 34 Thermoformen – Aus der Forschung Extrusion 5/2020 Bild 1: Verwendete Stempelgeometrien zur Analyse des Einflusses der Geometrie auf die resultierende Wanddicke des Formteils nach Schwarzmann [HB18, HB19, IS16] rakteristische, inhomogene Wanddickenverteilung der resultie- renden Formteile vergleichmäßigt werden kann [HM17, Mar18]. Die charakteristische Wanddickenverteilung der ther- mogeformten Produkte entsteht, da die erwärmte Folie bei der Umformung mittels Formluft oder Vakuum unterschiedlich stark verstreckt wird und bei hohen Verstreckgrade lokal stark ausdünnt. Im Negativformen resultiert daher in der Regel eine hohe Wanddicke im Öffnungsbereich des Formteils, während der Übergangsbereich vom Boden zur Wand vergleichsweise dünnwandig ausgeprägt ist. Diese Dünnstellen stellen eine me- chanische Schwachstelle dar. Bauteile, die ohne Stempelver- streckung gefertigt werden, müssen daher in den restlichen Formteilbereichen überdimensioniert werden, sodass die Dünn- stellen den Anforderungen genügen [HM17, Sch15a]. Durch den Einsatz der Vorstreckstempel wird eine solche Überdimen- sionierung verhindert. Die Vorstreckstempel ziehen das Materi- al durch Haftung in die Formteilbereiche, bei denen mit reiner Formluftumformung Dünnstellen entstehen. Die mit dem Stempel in Kontakt stehenden Folienbereiche werden durch Anhaftung weniger stark verstreckt und weisen somit am Ende eine größere Wanddicke auf. Der Einsatz von Vorstreckstem- peln und der damit angepassten Wanddickenverteilung der Formteile ermöglicht somit die Verwendung von dünneren Thermoformfolien, da resultierende Dünnstellen durch den Stempeleinsatz aufgedickt werden. Neben einem deutlich re- duzierten Materialeinsatz muss weniger Material aufgeheizt und wieder abgekühlt werden, sodass zusätzlich die Energieef- fizienz des Thermoformprozesses gesteigert wird [HM17, IS16, Mar18, Sch15a].

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