Extrusion 8-2020

Steuerung von Wanddickenverteilungen thermogeformter Becherformteile durch Einsatz einer lokalen Kühlung mittels Kühlstempel Zur Herstellung von dünnwandigen Verpackungen aus thermoplastischen Kunststoffen wird neben dem Spritzgießen hauptsächlich das Thermoformen einge- setzt. Die Dünnwandigkeit resultiert in der Minimie- rung des Bauteilgewichts und daher geringeren Mate- rialkosten [HM17, IS16, Mar18, Mos13]. Weiterhin ist heutzutage bei allen Verarbeitungsprozessen eine materialeffiziente Produktion zwingend erforderlich, um den umwelt- und gesellschaftspolitischen sowie gesetzlichen Regularien gerecht zu werden. Durch die gezielte Steigerung der Materialeffizienz wird zusätz- lich die Energieeffizienz des Verfahrens optimiert, da B ei der Herstellung thermogeformter Formteile ohne soge- nannte Verstreckhilfen ist die Wanddickenverteilung auf- grund lokal unterschiedlicher Verstreckwege der Folie stark in- homogen. Im Negativ-Thermoformen, mit dem der Großteil in- dustrieller Verpackungsprodukte hergestellt wird, weisen bei- spielsweise Becherformteile Dünnstellen im Übergangsbereich zwischen Boden und Wand auf [HB20, HM17, Mar18]. Die Randbereiche an der Becheröffnung sind dagegen vergleichs- weise dick ausgeprägt. Eine optimierte Wanddickenverteilung im Thermoformen zur Steigerung der Materialeffizienz kann durch verschiedene Prozessvarianten und -führungen erreicht werden. Neben der häufig eingesetzten Stempelverstreckung kann beispielsweise eine Temperaturprofilierung zum Einsatz kommen. Eine Temperaturprofilierung der Folie resultiert in lo- kal unterschiedlichen Verstreckwiderständen des Folienmateri- als, sodass das stark temperaturabhängige Materialverhalten von Kunststoffen zum Beeinflussen der Wanddickenverteilung ausgenutzt wird. Dickstellen des resultierenden Formteils wer- den am Halbzeug stärker erwärmt, während die Bereiche der Dünnstellen weniger stark erhitzt bzw. gekühlt werden. Die wärmeren Folienbereiche werden somit aufgrund eines gerin- gen Verstreckwiderstands des Kunststoffes stärker verstreckt 32 Thermoformen – Aus der Forschung Extrusion 8/2020 Bild 1: Darstellung der Kühlung der Folie durch einen Kühlstempel vor der Umformung der Folie durch Formluft als die kälteren Folienbereiche. Um die Wanddickenverteilung mittels Temperaturprofilierung zu beeinflussen, werden anstatt Vorstreckstempel Kühlstempel eingesetzt, die der Folie im Werkzeug vor der Umformung lokal Wärme entziehen. Durch die so angepasste Prozessführung können Dünnstellen vermie- den und die Wanddickenverteilung des Formteils homogeni- siert werden. Möglichkeiten der Temperaturprofilierung Temperaturprofile auf dem Halbzeug können durch verschiede- ne Verfahren erzeugt werden. Zum einen ist der Einsatz von La- ser oder Kontaktheizungen möglich. Diese Verfahren erhitzen definierte Halbzeugbereiche, in denen das Material stärker ver- streckt werden soll, nach dem Aufheizen auf Umformtempera- tur lokal weiter und erhöhen somit dort die Temperatur [BCS14, CSB+13, HM16, NB12, NB13, NN09a, Mar18]. Beim Einsatz des Maskenverfahrens werden Aluminiummasken in die Heizstation eingebracht. Die Masken schirmen die Infrarot- strahlung lokal ab, sodass durch einen Schattenwurf weniger Energie in die Folie eingetragen und somit ein inhomogenes Temperaturprofil auf der Folie erzeugt wird [Mar18]. Bei einer lokal „aktiven“ Kühlung wird das Halbzeug hingegen konventionell aufgeheizt, sodass eine weitge- hend homogene Temperaturverteilung vorliegt. Anschließend wird das Halbzeug wie im konven- tionellen Thermoformprozess in die Formstation verfahren und das Werkzeug geschlossen. Dar- aufhin erfolgt vor der Umformung mittels Form- weniger Material aufgeheizt sowie abgekühlt werden muss [Bon20, Leo17, Mar18, NN19]. Ein reduzierter Materialeinsatz ist jedoch nur bei einer Erhaltung aller Funktionalitäten möglich, wie zum Beispiel der Topload-Stabilität oder der Barrierewirkung [App05, Ede14]. Beide dieser Funktionalitäten korrelieren unmittelbar mit der Wanddickenhomogenität des Bauteils, sodass für eine materialeffiziente Produktion eine möglichst homogene Wanddickenverteilung vorliegen sollte. Die Entwicklung von Produkten mit geringem Materialbedarf stellen eine große verfahrenstechnische Herausforderung dar.

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