Extrusion 5-2025
Extrusion 5/2025 34 K 2025 eine zentrale Rolle. Im Jahr 2023 wurden laut Plastics Europe weltweit 413,8 Millionen Tonnen Kunststoffe pro- duziert, doch der Anteil an Recyclingmaterial ist nach wie vor gering: Nur 8,7 Prozent der Kunststoffe wurden – meist werkstofflich – recycelt, während der Großteil verbrannt oder deponiert wurde. Dabei haben Rezyklate ein enormes Potenzial. Ihre Herstellung benötigt deutlich weniger Ener- gie als die Produktion von Neuware aus fossilen Rohstof- fen, was den CO -Ausstoß erheblich reduziert. Zudem stärkt ihr Einsatz die Versorgungssicherheit – ein Faktor, der in Zeiten geopolitischer Krisen immer wichtiger wird. Recycling ist jedoch technisch anspruchsvoll – und oft teu- rer als die Produktion neuer Kunststoffe. Denn Altkunst- stoffe müssen aufwendig sortiert, gereinigt und aufbereitet werden, zudem sind die gesetzlichen Anforderungen streng, hochwertige Rezyklate knapp und viele Prozesse energieintensiv, was insgesamt zu höheren Produktions- kosten im Vergleich zu Neukunststoffen führt. „Aber nie- mand will die höheren Kosten bezahlen“, betont Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der K. „Kunststoff hat seinen Siegeszug angetreten, weil er so viel besser ist als andere Materialien. Aber der Schritt in die Kreislaufwirtschaft, der kostet Geld. Dieses Kostenproblem wird nicht ohne ordnungspolitische Vorgaben in den Griff zu bekommen sein.“ Die Antwort auf die Frage, wie der Wandel hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft gelingen kann, fällt international allerdings unterschiedlich aus. Wo andere Nationen auf freiwillige Selbstverpflichtungen und marktorientierte Lösungen setzen, regelt Europa per Gesetz. Strategien wie der „Circular Economy Action Plan“ (CEAP) und Richtlinien wie die Verpackungsverordnung (PPWR) und die Einwegkunststoffrichtlinie (SUPD) treiben mit Recyclingquoten, verpflichtenden Rezyklatanteilen und erweiterter Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility – EPR) den Umbau zur Kreislaufwirtschaft voran. Wie das wirkt, zeigt die PPWR: Seit 2025 müssen Ein- wegflaschen aus PET mindestens 25 Prozent recycelten Kunststoff enthalten, bis 2030 steigt die Quote auf 30 Pro- zent. Für Hersteller wie Coca-Cola oder Nestlé heißt das: Lieferketten umbauen, hochwertige Rezyklate beschaffen, Produktion anpassen – sonst droht ein Verkaufsstopp. Auch die SUPD zeigt Wirkung: In Litauen stieg die Rück- laufquote von PET-Flaschen nach Einführung eines Pfand- systems von 34 auf 92 Prozent – in nur zwei Jahren. Unternehmen stehen dabei vor erheblichen Herausforde- rungen: Die Verfügbarkeit hochwertiger Rezyklate ist be- grenzt, die Umstellung auf recyclinggerechtes Design technisch aufwendig – und die Fristen zur Umsetzung der oft komplexen Vorgaben knapp bemessen. Auch chemische Inhaltsstoffe rücken zunehmend in den Fokus der EU. Besonders umstritten ist der Umgang mit PFAS, da ein Verbot das Recycling erheblich erschweren könnte – viele Kunststoffabfälle würden dann als kontami- niert gelten und aus dem Kreislauf fallen. Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des VCI, warnt deshalb vor einem Pauschalverbot: „Mit jedem einzelnen dieser dann in der EU verbotenen Stoffe wächst die Gefahr für weitere Ab- wanderung unserer Industrie in weniger streng regulierte Regionen. Das Ursprungsproblem löst es allerdings nicht.“ Mit 53 Prozent der weltweiten Kunststoffproduktion ist Asien der Hauptakteur – und die Hauptquelle für Kunst- stoffabfälle. Während einige Länder ehrgeizige Recycling- strategien verfolgen, mangelt es anderen an grundlegender Infrastruktur. Lange Zeit war China der größte Importeur von Kunst- stoffabfällen, nun steuert das Land um. China hat mit der „National Sword Policy“ den Import unsortierter Kunst- stoffabfälle gestoppt und forciert nun den Ausbau eigener Recyclingstrukturen. Der 14. Fünfjahresplan setzt auf mo- derne Sammel- und Trennsysteme und fördert das me- chanische wie chemische Recycling. Bis 2035 soll die Industrie weitgehend dekarbonisiert und in geschlossene Stoffkreisläufe überführt werden. Flankiert wird die Stra- tegie vom „Circular Economy Promotion Law“, das Unter- nehmen zur Rücknahme und schadlosen Entsorgung bestimmter Produkte verpflichtet, und der Gründung des Staatskonzerns „China Resources Recycling Group“, der die Transformation zentral steuern soll. Japan und Südkorea zählen zu den Vorreitern der Kreis- laufwirtschaft – nicht zuletzt wegen klarer politischer Ziel- setzungen und einer frühzeitigen Gesetzgebung. In Japan verpflichtet der „Container and Packaging Recycling Act“ Unternehmen bereits seit den 1990er-Jahren zur Beteili- gung an Rücknahme- und Recyclingsystemen. Ergänzt wird dies durch den „Plastic Resource Circulation Act“ von 2022, der den Rezyklateinsatz fördert und detaillierte Recycling- pläne für Kunststoffprodukte vorschreibt. Südkorea verfolgt mit dem neuen „Act for Promotion of Transition to a Circular Economy Society“ (APTCES) einen sy- stemischen, technologiegetriebenen Ansatz: verbindliche Recyclingquoten, klare Vorgaben für nachhaltiges Produkt- design sowie gezielte Regulierung für schwer recycelbare Produkte. Außerdem werden Unternehmen, die zum Bei- spiel neue Recyclingtechnologien auf den Markt bringen wollen, vorübergehend von Auflagen befreit. Im Unterschied zu Europa setzen beide Länder weniger auf kleinteilige Regulierung, sondern auf klare Zuständigkei- ten, praxisnahe Umsetzung und gezielte Innovationsför- derung. Ergänzt wird dieser Ansatz durch eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz und breite Mitverantwortung – etwa bei Mülltrennung und Ressourcenschonung. In Indien verpflichtet das Gesetz „Plastic Waste Manage- ment Rules“ (PWMR) Unternehmen zur Rücknahme von Kunststoffabfällen. Trotz dieses wichtigen Schrittes bleiben die unzureichende Infrastruktur und die regional unter- schiedliche Umsetzung eine große Herausforderung für die flächendeckende Umsetzung. Ähnliche Probleme bestehen in Vietnam , wo 2022 ein EPR-Gesetz eingeführt wurde. Die- ses nimmt Hersteller und Importeure in die Verantwortung, für die Recyclingfähigkeit ihrer Produkte zu sorgen. In Thailand verfolgt die „Plastic Waste Management Road- map 2030“ das Ziel, bis 2027 100 Prozent der Kunststoff- abfälle zu recyceln oder energetisch zu verwerten. In Indonesien gibt es zwar lokale Initiativen, aber keine um- fassende nationale Strategie. Ein Ziel ist es, den Kunst- stoffabfall, der ins Meer gelangt, bis 2040 drastisch zu reduzieren.
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