Extrusion 5-2025
D ie Vergangenheit hat gezeigt, dass selbst Ingenieure sich sehr schwer damit tun, neu entwickelte ver- besserte technische Lösungen zu übernehmen. Die innovative GWDS Technlogie (Groß Wanddickensteuerung) zur optimalen Beeinflussung der Wanddickenverteilung des Vorformlings beim Blasformen, die seit dem Jahr 2011 patentrechtlich geschützt ist, ist ein gutes Beispiel dafür. Mit einer GWDS Düseneinheit kann die Wanddickenvertei- lung über dem Umfang des Vorformlings in einfacher Weise und zudem auch noch sehr kostengünstig verändert werden. Allerdings steht sie in Konkurrenz zu der beim Blasformen seit Jahrzehnten etablierten PWDS Technolo- gie (Partielle Wanddickensteuerung), die bereits vor über 50 Jahren entwickelt und auch patentiert wurde. Sie besitzt imMarkt nach wie vor weltweit eine Monopolstellung. Dies obwohl der Patentschutz längst abgelaufen ist, so dass in- zwischen einige Firmen auch Kopien vom PWDS System anbieten. Worin unterscheiden sich die beiden konkurrierenden technischen Lösungen? Bei der PWDS Lösung handelt es sich um eine sehr auf- wendige Technologie, bei der die Düse während des Aus- trags des Vorformlings dynamisch deformiert wird. Zusätzlich wird in vielen Fällen auch noch der Kern statisch deformiert. Die Düse wird hydraulisch oder inzwischen meist elektromechanisch deformiert, während der Kern mit Hilfe von Stellschrauben statisch verformt wird. Um die Düse dynamisch deformieren zu können, muss zusätzlich zu den auf der Maschinensteuerung ohnehin bereits vor- handenen Programmen noch eine spezielle zusätzliche Software implementiert werden. Sowohl für die Düse als auch für den Kern wird ein spezieller Stahl benötigt, der die dynamische und auch die statische Defomation zulässt, ohne dabei bleibend verformt zu werden oder sogar zu brechen. Während des Betriebs müs- sen wichtige Komponenten einer PWDS Düse in regelmäßigen Abstän- den gewartet werden. Darüber hin- aus besteht auch die Gefahr, dass trotz einer regelmäßigen Wartung ein Bauteil des PWDS Systems unerwar- tet ausfällt und repariert oder ausge- tauscht werden muss. Das bedingt natürlich zwangsläufig jedes Mal einen kostspieligen Maschinenstill- stand. Die GWDS Technologie benötigt da- gegen lediglich eine einfache massive Düse und einen einfachen massiven Kern. Es muss folglich kein Stahl mit großen Kräften verformt werden. Somit wird auch keine zusätzliche Software benötigt, die nicht ohnehin bereits in jeder Maschinensteuerung einer Blasformmaschine vorhanden ist. Eine massive Düse und ein massi- ver Kern können im Betrieb nicht aus- fallen, so dass sie auch nicht in Extrusion 5/2025 regelmäßigen Intervallen gewartet werden müssen und auch keinen Maschinenstillstand verursachen können. Wie funktionieren die beiden unterschiedlichen Lösungen? Beim PWDS System wird die Größe des Fließkanalspalts zwischen der Düse und dem Kern während des Austrags des Vorformlings lokal dynamisch verändert. Dafür besitzt die Düse maximal vier Aktuatoren, die in einemWinkel von minimal 90 Grad formschlüssig über dem Umfang der Düse angebracht sind. Die Wand der Düse kann maximal an vier Positionen entweder nach innen gedrückt oder aber nach außen gezogen werden. Auf diese Weise wird die Größe des Fließkanalspalts rechts und links vom An- griffspunkt des Aktuators entsprechend der natürlichen Biegelinie der jeweiligen Düsenwand stetig verändert. Zu- sätzlich kann die Fließkanalwand des Kerns um ein be- stimmtes Maß nach innen gedrückt werden. Dies geschieht mit Hilfe einer Vielzahl von Stellschrauben, die nicht form- schlüssig mit dem Kern verbunden sind. Mit dieser stati- schen Verstellung des Kerns kann die Wanddicke des Vorformlings beim Austrag aus der Düse über ihre ge- samte Länge verändert werden. Die GWDS-Technik basiert hingegen auf der bei der Rohr- fertigung gewonnenen Erkenntnis, dass es durchaus mög- lich ist, den Kern einer in aller Regel zylindrischen Runddüse weit aus der Düse herauszufahren, ohne dass das verfahrenstechnische Nachteile zur Folge hat. Nun hilft diese Erkenntnis beim Blasformen erst einmal nicht wei- ter, ist es doch seit Jahrzehnten weltweit nicht hinterfrag- tes Wissen eines jeden Blasformexperten, dass beim Blasformen sowohl die Düsen als auch die Kerne konisch und nicht zylindrisch sind. Die meisten Blasformexperten behaupten nach wie vor: „Das war schon immer so und das hat sich auch bewährt!“ Den Kern einer konventionel- 29 Bild 2: Vergleich der Ergebisse, die mit einer konventionellen konischen Düse und mit einer zylindrischen GWDS Düse erreicht wurden G=710 g t b =50 s G=869 g t b =65 s
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