Extrusion 4-2021

Plasmatechnologie für recyclefähige Kunststoffverpackungen mit Barrierewirkung Das Start-up-Unternehmen IonKraft hat seine Wurzeln am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Aachen und transferiert wissenschaftliche Erkenntnisse zur Plasmabeschichtung in industrielle Produktionstechnik. I m April gründeten Montgomery Jaritz und Benedikt Heuer das Deep Tech Start-up IonKraft, dessen Technologie im Anlagen- bau zum Einsatz kommen soll: Mittels Plasmatechnologie will das Unternehmen Kunststoffverpackungen für Barriereanwen- dungen in der chemischen Industrie recycelbar machen und da- mit Multimateriallösungen ersetzen. Ihren Ursprung hat diese Technologie in den Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe Plas- matechnologie des IKV zu plasmapolymeren Barriere- und Kor- rosionschutzschichten – nun soll sie mit IonKraft den Weg in die industrielle Anwendung finden. Produktionstechnik für die Beschichtung von Kunststoffen mittels Plasma: Zentraler Kern der Unternehmung ist die Ent- wicklung und Produktion eines Reaktors, der Kunststoffverpa- ckungen beschichtet und mit einer chemisch beständigen Barrie- refunktion ausstattet. Für die erforderlichen Prozessanpassungen beim Endkunden steht eine diagnostikbasierte Entwicklungsrou- tine zur Verfügung, deren Ursprung auf die Forschungsarbeiten des IKV im zurückgeht. Statt empirischer Versuche werden Schichten diagnostikbasiert entwickelt. So kann IonKraft passge- nau für die individuelle Verpackung die beste Funktionalität der Schichten garantieren. Die enge Kooperation von IonKraft mit dem IKV und der RWTH Aachen setzt sich auch nach der Unternehmensgründung fort; Messtechnik, Labore und Anlagen des IKV stehen IonKraft wei- terhin und dauerhaft zur Verfügung, um aufwendige Prüfun- gen und Analysen realisieren zu können. Darüber hinaus wurde das Geschäftsvorhaben bereits vor der Gründung durch eine externe Expertenjury auf geprüft und wird durch das Programm EXIST-Forschungstransfer seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie weitreichend finanziell gefördert. Technologie eröffnet ein breites Anwendungsspektrum: Die mittels des neu konzipierten Reaktors applizierten Plasma- Schichten erzeugen eine starke Migrationsbarriere, z.B. für Lö- sungsmittel. Mit dem ersten Reaktordesign sollen Verpackungs- größen bis 20 Liter beschichtet werden können. Das entspricht beispielsweise dem Bedarf der Agrarindustrie für die Verpa- ckung von Dünge- oder Pflanzenschutzprodukten. Der Vorteil der mit Plasmatechnologie applizierten Schichten ist, dass sie hauchdünn auf Monomaterialien aufgebracht werden können und die Recyclingfähigkeit der Verpackung nicht beeinträchti- gen. Dieser Effekt kann in vielen Branchen und Anwendungen ausgenutzt werden. Z.B. in der Lebensmittelanwendung, für die das Verfahren bereits zugelassen ist, verhindert die Be- schichtung als Sauerstoffbarriere das Oxidieren der Füllgüter. Der von IonKraft entwickelte Plasmareaktor soll Behälter sowohl 34 Plasmatechnologie – Aus der Forschung Extrusion 4/2021 Die Gründer von IonKraft: Montgomery Jaritz und Benedikt Heuer (Alle Bilder: IonKraft) von innen, als auch von außen beschichten können. Eine beidsei- tige Beschichtung kann damit etwa als Geruchsbarriere dienen, die den schlechten Geruch von Rezyklaten einschließt. Wenn durch Plasmabeschichtung eine Geruchsbarriere herbeigeführt wird, lässt sich prinzipiell der Einsatzbereich von Rezyklaten erwei- tern und der Kunststoffkreislauf an einer weiteren Stelle schließen. Vier Fragen an die Gründer von IonKraft Was ist Ihre Hauptmotivation dafür, mit IonKraft eine Produkti- onstechnik für recyclefähige Kunststoffverpackungen mittels Plasma auf den Weg zu bringen? Jaritz : Ich beschäftige mich seit meiner Zeit als studentische Hilfskraft am IKV, also seit mehr als 10 Jahren, mit der Plasma- technologie. Die Vorteile von Barriereschichten waren damals alles andere als weitreichend bekannt. Seitdem habe ich for- schungsseitig alle Entwicklungsstufen nicht nur miterlebt, son- dern, z.B. im Sonderforschungsbereich TR 87, auch aktiv an der Weiterentwicklung mitgearbeitet. Deshalb weiß ich, dass die Technologie einen echten Entwicklungssprung gemacht hat und industriell mittlerweile äußerst vielseitig einsetzbar ist. Die Plasmatechnik hat einen Reifegrad erreicht, mit dem man echte Problemstellungen angehen kann. Was noch fehlt, ist der tech- nologische Transfer unserer entwickelten Prozesse in die Pro- duktionstechnik. Mit IonKraft nehmen wir es jetzt in die Hand, unsere Plasmatechnologie in die Industrie zu überführen, um Kunststoffverpackungen zu ermöglichen, die besonders leicht, dicht wie Glas, chemisch absolut beständig und trotzdem voll recyclefähig sind. Damit können wir also Verantwortung für ein sehr konkretes Problem in unserer Gesellschaft übernehmen. Das motiviert mich. Heuer : Für Unternehmensgründungen ist das richtige Timing immer wichtig, und ich bin überzeugt, dass wir eine sehr gute Idee zum richtigen Zeitpunkt etablieren wollen. Gerade jetzt bekommt das Kunststoffproblem in der Öffentlichkeit viel Auf- merksamkeit. Unternehmen haben also einen starken, exter- nen Antrieb, nach recycelbaren Alternativen zu suchen. Dabei

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