Extrusion 1-2023

37 Extrusion 1/2023 erhältliche Folienrezyklate erstellt und eine Auswahl für nachfol- gende Untersuchungen getroffen. Die Untersuchungen ergeben, dass Stippen insbesondere das Aufbringen von Barriereschichten (zum Beispiel mit Plasma-enhanced chemical vapor deposition (PECVD)-Verfahren) beeinflussen. Diese Thematik wird am IKV aktuell im DFG-Projekt RezyPlas „Funktionale PECVD-Schichten als Migrationsbarriere für den Einsatz von post-consumer Rezy- klaten im Lebensmittelkontakt“ untersucht. Darüber hinaus füh- ren Stippen (deren Größe zum Teil 200 µm beträgt) als auch die typischen gedeckten Farben von Folien-Rezyklaten zu Einschrän- kungen in der Bedruckbarkeit und des Marketings. Für das Kon- zept wurde allerdings die technische Einsatzfähigkeit von Rezyklaten gegenüber den Marketingfunktionen einer Verpak- kung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und in Abspra- che mit Experten in den Fokus gerichtet. Der Geruch als weitere Rezyklateigenschaft vermindert die wahrgenommene Qualität und somit die Kundenakzeptanz hingegen beträchtlich. Unter den untersuchten Rezyklateigenschaften ist der Geruch hauptverant- wortlich für die geringe Wiederverwertung von PE-Folienrezykla- ten und erzeugt daher dringenden Handlungsbedarf. Gerüche werden von jedem Menschen unterschiedlich wahrge- nommen und können als sehr störend empfunden werden. Die Geruchsbildung bei Rezyklaten tritt sowohl während der Produk- tion bzw. Weiterverarbeitung als auch im Endprodukt auf. Bei der Rezyklatverarbeitung ist für langjährige Produktionsmitarbeiter die Geruchsbildung ungewohnt und bedarf einer genauen Untersu- chung und Aufklärung. Beim späteren Produkt werden geruchs- belastete Folien vom Endkunden als minderwertig wahrge- nommen, was die Produktakzeptanz deutlich reduziert. Das Ergebnis der Konzeptphase ist ein Technologiekonzept, wel- ches die verfahrenstechnische Reduktion und gezielte Analyse geruchsauslösender Stoffe bei Polyethylen-Post-Consumer-Re- zyklaten (PE-PCR) zur Erhöhung der Produktakzeptanz forciert. Die zu betrachtenden Prozessschritte sowie die erforderliche Analytik für eine Entwicklung gezielter Geruchsbeseitigungs- strategien sind in Bild 1 dargestellt. Da aktuell allerdings weder die geruchsauslösenden Stoffe noch deren Ursache in der Ver- arbeitung von PE-PCR hinreichend bekannt sind, soll die verfah- renstechnische Reduktion in einem iterativen Prozess nach dem Build-Measure-Learn (BML) Zyklus durchgeführt werden (vgl. Bild 2 ), sodass ein kontinuierlicher Feedbackprozess eine konti- nuierliche Verbesserung des Geruches ermöglicht. Im Build-Abschnitt werden Anlagen und Praktiken umgesetzt, die das PCR vor der Verarbeitung dekontaminieren und wäh- rend der Verarbeitung durch innovative und modulare Entga- sungsstrategien geruchsneutralisieren. Dabei wird die Schmelze während der Aufschmelzung und Homogenisierung des PE-Re- zyklats in einem Extruder Vakuum ausgesetzt, um flüchtige or- ganische Verbindungen (engl. Volatile Organic Compounds, VOCs) mit Temperatur und Unterdruck der Schmelze zu entzie- hen. Geeignete Schleppmittel können diesen Effekt verstärken. Dieses Vorgehen wird mit verschiedenen vorgeschalteten Trock- nungsverfahren kombiniert, um bereits vor der Verarbeitung den Wassergehalt und eventuell VOCs zu entfernen. Ein modernes und für hohe Durchsätze geeignetes Verfahren ist die Infrarot- drehrohrtrocknung, deren Effekt auf die Reduktion von ge- ruchsauslösenden VOCs in diesem Projekt untersucht wird. Im Measure-Abschnitt wird gezielt analysiert, welche VOCs tat- sächlich für Rezyklat-Gerüche verantwortlich sind, und zurück- geschlossen, welchen Ursprung diese haben könnten. Messungen mittels Gaschromatographie mit Massenspektro- metrie (GC-MS) können sowohl die Mengen an VOCs als auch deren chemische Zusammensetzung bestimmen. Aus der GC- MS-Messung der VOCs kann nur indirekt auf den Ursprung ge- schlossen werden, da Verunreinigungen im Rezyklat zum Beispiel durch Farbsysteme, Klebstoffe oder Lebensmittelreste in der Re- granulierung thermisch abgebaut werden und ihre chemische Struktur verändern. Daher werden Versuche mit gezielt verun- reinigter Neuware durchgeführt, um Abbaustoffe dieser Verun- reinigungen kategorisieren zu können. Die Zusammenhänge werden in einer Datenbank abgelegt, die die Kontaminanten mit VOCs verknüpft und für eine Ursprungsanalyse basierend auf einer GC-MS-Messung der Entgasungsabluft eingesetzt werden kann. Im industriellen Produktionsumfeld erfolgt über der Ein- satz “elektronischer Nasen”, die direkt an der Verarbeitungsan- lage permanent eingesetzt werden können. Um eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen und möglichst jedes PCR in der Produktion einsetzen zu können, wird eine Geruchsqualität zwischen “neutral” und “stark riechend” bestimmt. Daraus kann eine spezielle Einsatzeignung bestimm- ter Geruchsqualitäten und damit auch Rezyklatqualitäten abge- leitet werden. Der Learn-Abschnitt trägt die Änderungen der Anlagentechnik und der Praktiken zur Verarbeitung von PCR in einer Hand- Bild 2: Build-Measure-Learn Zyklus zur Reduktion und Analyse geruchsauslösender Stoffe • Geruchsprävention • Verfahrenstechnische Reduktion • Wissenstransfer • Ratgeberentwicklung Information über Kontaminanten Verbesserungshypothese Reduktion der VOCs • Geruchsidentifikation • Gezielte Kontamination Build AP1 AP2 AP3 AP4 Learn Measure

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIwMTI=